Otto Schmidt Verlag


Aktuell im AO-StB

Die „GmbH-Geschäftsführerhaftung“ nach § 69 AO (Gehm, AO-StB 2023, 221)

Der BFH hat entschieden, dass sich bei der Haftung nach § 69 AO ein GmbH-Geschäftsführer nicht darauf berufen kann, er sei aufgrund seiner Vorbildung nicht in der Lage gewesen, sich um die steuerlichen Belange der GmbH zu kümmern. Sein Verschulden liege dann bereits darin, trotz persönlicher Defizite die Position eines Geschäftsführers angetreten zu haben. Der Beitrag legt praxisrelevante Eckpunkte der GmbH-Geschäftsführerhaftung dar.


1. Einleitung

2. Haftungsschuldner

3. Pflichtverletzung

4. Verschulden

5. Kausaler Haftungsschaden

6. Ermessen

7. Subsidiaritätsgrundsatz

8. Haftungsumfang

9. Akzessorietät der Haftung

10. Geltendmachung der Haftung und Festsetzungsverjährung

11. Resümee


1. Einleitung

Der BFH hat unlängst mit Beschluss v. 15.11.2022 (BFH v. 15.11.2022 – VII R 23/19, BB 2023, 661 = AO-StB 2023, 131 [Bick]) entschieden, dass bei der verschuldensabhängigen Haftung nach § 69 AO (Haftung der Vertreter) sich ein GmbH-Geschäftsführer nicht darauf berufen kann, er sei aufgrund seiner Vorbildung nicht in der Lage gewesen, sich um die steuerlichen Belange der GmbH zu kümmern. Vielmehr liege sein Verschulden dann bereits darin, dass er trotz dieser persönlichen Defizite die Position eines Geschäftsführers angetreten habe. In der Praxis werden meistens Geschäftsführer von GmbHs von dieser Haftung erfasst, da sie gesetzliche Vertreter ihrer GmbH nach § 34 Abs. 1 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG sind. Insofern wird dieser Haftungstatbestand auch als die Haftung des GmbH-Geschäftsführers bezeichnet (vgl. Britz, Die Haftung des Geschäftsführers für Steuerschulden der GmbH, 2. Aufl. 2002), auch wenn § 69 AO generell gesetzliche Vertreter und Vermögensverwalter nach § 34 AO aber auch Verfügungsberechtigte gem. § 35 AO als Haftungsschuldner einschließt. Der Beitrag will praxisrelevante Eckpunkte dieser Haftung im Bereich der GmbH-Geschäftsführer darlegen.

2. Haftungsschuldner

Haftung nach § 69 AO bedeutet das Einstehenmüssen für die Schuld eines Dritten, so dass sich Haftungs- und Steuerschuldnerschaft gegenseitig ausschließen (BFH v. 8.3.2022 – VI R 19/20, BStBl. II 2022, 633; BFH v. 23.6.2020 – VII R 56/18, BFH/NV 2021, 217 = AO-StB 2021, 7 (Tormöhlen); BFH v. 2.10.2017 – BFH v. 24.10.2017 – VII B 99/17, BFH/NV 2018, 933; BFH v. 21.6.2022 – VIII R 26/19, BStBl. II 2023, 210 = AO-StB 2022, 375 (Gehm)). Insoweit unterscheidet sich der zivilrechtliche Haftungsbegriff vom steuerlichen.

Ein GmbH-Geschäftsführer ist als gesetzlicher Vertreter seiner GmbH Haftungsschuldner für die Steuerschulden der GmbH. Unerheblich ist dabei, wenn er denn ordnungsgemäß bestellt worden ist, ob er nur als Strohmann tätig geworden ist (BFH v. 15.11.2022 – VII R 23/19, BB 2023, 661).

Somit haftet auch derjenige, der faktisch gar keinen Einfluss auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH nimmt bzw. nehmen kann. Will er dieser Haftung entgehen, muss er sein Amt niederlegen (FG Münster v. 12.8.2022 – 4 K 1469/20 U, EFG 2022, 1797). Dabei wird bei Kenntnis um die mangelnde Einflussnahmemöglichkeit bei Antreten der Geschäftsführerposition von einem Übernahmeverschulden ausgegangen (FG Münster v. 19.12.2022 – 4 K 1158/20 L, StB 2023, 65, Rev. beim BFH unter VII R 4/23).

Allerdings entfällt die Haftung dann nach § 36 AO für ihn nicht rückwirkend, sondern (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.07.2023 15:55
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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