Otto Schmidt Verlag


FG Nürnberg v. 8.8.2023, 8 V 300/23

Keine ernsthaften Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des Bayerischen Grundsteuergesetzes

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes. Eine exakte Bestimmung dieser Einnahmeausfälle ist bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung nicht erforderlich.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist Eigentümer zweier Wohnungen, für die das Finanzamt bereits die neuen Bescheide zu den Grundsteueräquivalenzbeträgen sowie Grundsteuermessbeträgen festgesetzt hatte. Die Steuerbehörde folgte dabei den Grundsteuererklärungen des Antragstellers. Dieser hat daraufhin beim FG Aussetzung der Vollziehung der Bescheide beantragt.

Der Antragsteller war der Ansicht, dass die neuen Grundsteuerwerte nicht flächenorientiert ermittelt werden dürften. Hierdurch würden die Lasten ungerecht verteilt. Nach dem bayerischen Berechnungsmodell werde die Grundsteuer in Bestlagen wohl sinken, weil keine Differenzierung nach Wohnlagen vorgenommen werde, anders jedoch für „Omas Häuschen“ am Stadtrand. Es sei mit erheblichen Mehrbelastungen für Mieter und Grundstückseigentümer zu rechnen, dies sei ungerecht. Die Vollziehung der angefochtenen Bescheide solle daher bis zur Klärung durch Gerichtsurteile ausgesetzt werden.

Das FG hat den Antrag abgelehnt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der Senat hat bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes.

Dem Gesetzgeber steht bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregeln einer Steuer ein großer Spielraum zu. Dieser Gestaltungsspielraum beinhaltet auch eine Typisierungskompetenz. Bei der Wahl des geeigneten Maßstabs darf sich der Gesetzgeber nach der Entscheidung des BVerfG vom 10.4.2018 auch von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssen. In seinem Urteil hat das BVerfG keine Festlegung zugunsten eines bestimmten Reformmodells getroffen und auch die Frage, ob es sich bei der Neuregelung um eine wertabhängige Bewertungsmethode handeln muss, offengelassen.

Das Bayerische Grundsteuergesetz hat den Vorteil des leichteren Vollzugs und vermeidet u.a. die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Berücksichtigung der Bodenrichtwerte. Nachteil des reinen Äquivalenzmodells ist u.a., dass es sich um eine sehr pauschale Bewertungssystematik handelt und der tatsächliche Marktwert von Grundstücken unberücksichtigt bleibt. Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist das System der Ermittlung der Grundsteuer auf der Grundlage eines reinen Flächenmodells, wie es das Bayerische Grundsteuergesetz vorsieht, vor dem Hintergrund des erheblichen Bewertungsspielraums des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Insbesondere eine Verletzung von Art. 123 Abs. 1 BV (Leistungsfähigkeitsprinzip) ist nicht offenkundig. Es bestehen mithin keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Dem Vorbringen des Antragstellers ist auch nicht zu entnehmen, dass durch die sofortige Vollziehung der Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge bzw. den Grundsteuermessbetrag eine unzumutbare Härte droht.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.09.2023 14:34
Quelle: Bayern.Recht

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