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Aktuell im AO-StB

Anträge auf Bescheidänderung nach Ablauf der Einspruchsfrist (Günther, AO-StB 2023, 350)

Steuerpflichtige haben das Recht, Änderungsanträge bei Steuer- oder Feststellungsbescheiden zu ihren Gunsten zu stellen. Um damit Erfolg zu haben, muss jedoch eine verfahrensrechtliche Änderungsnorm (§§ 129, 164, 172 ff. AO) erfüllt sein. Der Beitrag beschäftigt sich auf der Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung mit der Frage, in welchen Fällen ein Änderungsantrag der Steuerpflichtigen auch nach Ablauf der Einspruchsfrist noch Erfolg haben kann.


1. Einleitung

2. Änderungsantrag bei Vorbehaltsbescheiden

3. Änderungsantrag wegen offenbarer Unrichtigkeiten (§ 129 AO)

4. Änderung wegen neuer Tatsachen (§ 173 AO)

a) Anforderungen an Änderungsantrag

b) Begriff „Grobes Verschulden“

c) Prüfung des groben Verschuldens

d) Unbeachtlichkeit des groben Verschuldens

e) Grobes Verschulden des Steuerberaters

5. Änderungsanträge bei widerstreitender Steuerfestsetzung

6. Änderungsanträge wegen Grundlagenbescheide

7. Änderung wegen rückwirkender Ereignisse

8. Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung einer Steuererklärung (§ 173a AO)

9. Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte (§ 175b AO

10. Fazit


1. Einleitung

Mit Ablauf der Einspruchsfrist wird der Steuer- oder Feststellungsbescheid zwar formell rechtskräftig, jedoch nicht unbedingt auch materiell bestandskräftig. Während die Finanzverwaltung bei Vorliegen der Voraussetzungen der Änderungsvorschriften (§§ 129, 164, 172 ff. AO) Bescheide innerhalb der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist zu Lasten des Steuerpflichtigen ändern kann, hat dieser auch das Recht, Änderungsanträge zu seinen Gunsten zu stellen. Um hiermit Erfolg zu haben, muss jedoch eine verfahrensrechtliche Änderungsnorm (§§ 129, 164, 172 ff. AO) greifen. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich auf der Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung mit der Frage, in welchen Fällen ein Änderungsantrag des Steuerpflichtigen auch nach Ablauf der Einspruchsfrist noch Erfolg haben kann.

2. Änderungsantrag bei Vorbehaltsbescheiden

Ist ein Steuer- oder Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) ergangen, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, jederzeit, d.h. bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist/Feststellungsfrist einen Änderungsantrag zu stellen, da der Steuerfall aufgrund des Vorbehalts in vollem Umfang offen ist (§ 164 Abs. 2 S. 2 AO). Die Finanzverwaltung kann die Entscheidung über den Änderungsantrag jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die in angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausschieben. Der Vorbehalt der Nachprüfung berechtigt den Steuerpflichtigen somit, auch nach Ablauf der Einspruchsfrist sämtliche, für ihn günstige, d.h. die Steuerbelastung mindernde Sachverhalte im Antragswege nachträglich geltend zu machen.

Beraterhinweis Änderungsanträge, die gestützt auf eine Änderungsnorm der AO außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellt werden, bewirken eine Ablaufhemmung, d.h. die Festsetzungsfrist läuft insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden ist (§ 171 Abs. 3 AO). 

Lehnt das FA den Änderungsantrag ganz oder teilweise ab, kann hiergegen Einspruch eingelegt werden. Verfahrensrechtlich besteht jedoch insoweit die Besonderheit, dass bei weiterem Fortbestand des Vorbehalts der Nachprüfung der Fall ungeachtet der Ablehnung des Änderungsbegehrens auch weiterhin in vollem Umfang offen ist, d.h. der Steuerpflichtige kann sein Begehren spätestens bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung im Einspruchsverfahren (erneut) geltend machen.

Zu beachten ist, dass (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.11.2023 13:59
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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