Otto Schmidt Verlag


FG Düsseldorf v. 14.3.2023, 13 K 2780/20 F

Gehen Besteuerungsmerkmale der Altanteile im Rahmen einer Aufspaltung gem. UmwStG 1995 auf die neuen Anteile über?

Der Gewinn aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen kann trotz vorheriger Teilwertabschreibung steuerfrei nach § 3 Nr. 40 EStG/§ 8b Abs. 2 KStG sein, wenn die Anteile aus einer Aufspaltung vor Geltung des SEStEG herrühren. Da die Frage, ob im Fall einer Aufspaltung vor Einführung des SEStEG eine TW-AfA, die vor der Umwandlungsmaßnahme auf die Anteile an der übertragenden Gesellschaft vorgenommenen worden ist, im Falle einer späteren Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft, dieser zuzuschreiben ist, bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist, wurde die Revision zugelassen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der C GmbH & Co. KG, die bis Anfang 2014 unter dem Namen A GmbH & Co. KG firmierte (KG). Die Beigeladene war bis zum 31.5.2011 als Kommanditistin an der KG beteiligt. Im Streitjahr 2011 hat die Beigeladene neben ihrem Kommanditanteil auch die in ihrem SBV gehaltenen Geschäftsanteile an der A GmbH (GmbH-Anteile) auf die E. übertragen. Die GmbH-Anteile hatte die Beigeladene im Jahr 2001 im Wege einer Aufspaltung durch Neugründung erworben. Die Rechtsvorgängerin der A GmbH, die F GmbH, deren Geschäftsanteile die Beigeladene zuvor ebenfalls als alleinige Gesellschafterin in ihrem SBV gehalten hatte, wurde durch Aufspaltungsvertrag vom 21.6.2001 im Wege der Neugründung auf die A GmbH sowie auf die G GmbH aufgespalten. Als Gegenleistung hatte die Beigeladene jeweils 100 % der Geschäftsanteile an den neuen Gesellschaften erhalten. Vor der Aufspaltung, im Jahr 1999, hatte die Beigeladene auf die Anteile an der F GmbH eine Teilwertabschreibung (TW-AfA) vorgenommen.

In der Feststellungserklärung für das Streitjahr gab die KG gegenüber dem Finanzamt u.a. einen nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile durch die Beigeladene an. Die Steuerbehörde stellte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO erklärungsgemäß u.a. einen steuerfreien Veräußerungsgewinn für die Beigeladene fest. In der nachfolgenden Zeit führte das Finanzamt für die Jahre 2010 bis 2012 bei der KG eine Betriebsprüfung durch. Die Betriebsprüfer errechneten einen Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile. Hierzu führten sie aus, dass ein Teil des Veräußerungsgewinns wegen der ursprünglich auf die Anteile an der F GmbH vorgenommenen TW-AfA nicht steuerfrei seien.

Daraufhin erging ein geänderter Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr. Darin berücksichtigte das Finanzamt einen Betrag als tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Die Klägerin war der Ansicht, dass der festgestellte Veräußerungsgewinn insgesamt den Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG unterliege.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den nach §§ 3 Nr. 40 b Satz 1, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Anteil am Gewinn der Beigeladenen aus der Veräußerung der GmbH-Anteile zu niedrig und den nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn zu hoch festgestellt.

Bei dem Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile handelte es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Beigeladene hatte mit den GmbH-Anteilen eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und damit einen Teilbetrieb i.S.d. §§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG veräußert. Der Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile unterlag insgesamt den Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG. Gem. § 3 Nr. 40 b Satz 1 EStG sind 40 % des Veräußerungspreises i.S.d. § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG steuerfrei, soweit er – wie vorliegend – auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG gehören, entfällt. Korrespondierend dürfen gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile i.S.d. § 3 Nr. 40 b Satz 1 EStG sowie die mit der Veräußerung wirtschaftlich im Zusammenhang stehenden Veräußerungskosten nur i.H.v. 60 % abgezogen werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §§ 3 Nr. 40 b Satz 3 i.V.m. 3 Nr. 40 a Satz 3 EStG. Hiernach gilt § 3 Nr. 40 b Satz 1 EStG – und damit die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens – nicht, soweit Abzüge nach § 6b EStG oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind. Ungeachtet der Kontroverse um die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 40 a Satz 2 EStG – keine Einbeziehung von Teilwertzuschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG in das Teileinkünfteverfahren – im Rahmen des § 3 Nr. 40 b EStG, besteht für die GmbH-Anteile schon keine Wertaufholungsverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG. Zu keinem Zeitpunkt war auf die von der Beigeladenen im Streitjahr veräußerten GmbH-Anteile eine TW-AfA vorgenommen worden, die es aufzuholen gelten könnte. Den GmbH-Anteilen ist auch nicht die ursprünglich auf die Anteile an der F GmbH vorgenommene TW-AfA zuzurechnen. Eine solche Zurechnung ergab sich weder unmittelbar aus dem Gesetz noch aus einer steuerlichen Identität zwischen den Anteilen an der F GmbH und den GmbH-Anteilen.

Eine steuerliche Identität zwischen den Anteilen an der Überträgerin und den Anteilen an der Übernehmerin i.S.e. Infizierungs- oder Fußstapfentheorie wird nach Auffassung des Senats erstmalig durch den gem. § 27 Abs. 1 UmwStG 2006 auf Umwandlungen nach dem 12.12.2006 anwendbaren § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006, eingeführt durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (– SEStEG –), begründet. § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 in der im Jahr der Aufspaltung geltenden Fassung begründete demgegenüber keine solche steuerliche Identität. Da die Frage, ob im Fall einer Aufspaltung vor Einführung des SEStEG eine TW-AfA, die vor der Umwandlungsmaßnahme auf die Anteile an der übertragenden Gesellschaft vorgenommenen worden ist, im Falle einer späteren Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft, dieser zuzuschreiben ist, bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist, wurde die Revision zugelassen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.08.2023 13:27
Quelle: justiz.nrw.de

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