Kurzbesprechung
Abzug ersparter Mietaufwendungen als außergewöhnliche Belastung
Ersparte Mietaufwendungen, die beim Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, können insoweit als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, als sie behinderungsbedingten Mehraufwand darstellen.
BFH v. 17.6.2025 - VI R 15/23
FGO § 118 Abs. 2; § 143 Abs. 2
BGB § 133, BGB § 157
EStG § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. D; § 3c Abs. 2 Satz 1; § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; § 20 Abs. 1 Nr. 1; § 20 Abs. 8 Satz 1; § 33 Abs. 1; § 33 Abs. 2 Satz 1
AO § 162
Im Streitfall ging es um einen zu 94% an einer GmbH beteiligten Steuerpflichtigen, zu dessen Haushalt ein schwerstbehindertes Kind gehörte. Die GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich zwei freistehende Gebäude befinden. Zunächst wurde ein Gebäude an den Steuerpflichtigen zu Wohnzwecken vermietet. Die GmbH ließ auf eigene Kosten einen Verbindungsbau zwischen den beiden Häusern errichten und nahm zahlreiche, auf die Behinderung des Kindes abgestellte Umbauten vor. Nachfolgend wurden beide Gebäude von dem Steuerpflichtigen und seiner Familie genutzt.
Im Ergebnis war nun im Revisionsverfahren streitig, ob die sich durch den Ansatz einer vor dem Hintergrund der seitens der GmbH vorgenommenen Umbaukosten zu niedrig angesetzten Miete ausgelöste verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) beim Steuerpflichtigen zu einer nach § 33 EStG abziehbaren außergewöhnlichen Belastung (§ 33 EStG) führen kann. Der BFH hat dies bestätigt, soweit die Umbaumaßnahmen behinderungsbedingt erfolgten.
Nach allgemeinen Grundsätzen können außergewöhnliche Belastungen nur bei demjenigen steuermindernd berücksichtigt werden, der sie getragen hat. Eine Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Steuerpflichtige den Tatbestand des Einkommensteuergesetzes selbst verwirklicht hat. Ausgaben Dritter (sogenannter Drittaufwand) können grundsätzlich nicht bei dem insoweit nicht belasteten Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Sie können nur im Fall eines abgekürzten Zahlungs- oder Vertragswegs als Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu werten sein.
Im Fall von vGA in Form von ersparten Aufwendungen (im Streitfall: ersparte Miete) geht die Rechtsprechung indes davon aus, dass die vGA aus Gleichheitsgesichtspunkten so zu behandeln ist wie eine offene Ausschüttung und ein hinzutretender Leistungsaustausch, wie er unter Dritten durchgeführt worden wäre. Darum wird auch berücksichtigt, dass dem Gesellschafter hätte er eine offene Ausschüttung empfangen und sich die Leistung (im Streitfall: das Nutzungsrecht) wie ein fremder Dritter beschafft Aufwendungen entstanden wären, die er durch die vGA erspart hat. Diese ersparten Aufwendungen sind beim Gesellschafter grundsätzlich als (fiktive) Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
Der BFH stellte heraus, dass für außergewöhnliche Belastungen im Hinblick auf den einheitlichen Aufwendungsbegriff nichts anderes gelten kann als für Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben. Dabei sind die Aufwendungen in vollem Umfang abzugsfähig.
§ 3a Abs. 2 Satz 1 EStG ist schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich nicht um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt.
Der BFH verwies den Streitfall an die Vorinstanz zurück, da das FG teilweise keine Feststellungen dazu getroffen hatte, in welcher Höhe die vGA auf eine behinderungsbedingte Nutzung entfallen war.