Otto Schmidt Verlag


FG Köln v. 20.12.2024 - 2 V 1597/24

Verfassungsrechtliche Zweifel am EU-Energiekrisenbeitrag (sog. Übergewinnsteuer)

An der Verfassungsmäßigkeit des EU-Energiekrisenbeitrags bestehen ernstliche Zweifel. Dies hat das FG Köln entschieden. Die im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das BZSt hat gegen den Beschluss die vom FG zugelassene Beschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen II B 5/25 (AdV) beim BFH geführt wird.

Der Sachverhalt:
Die im Energie- und Raffineriebereich gewerblich tätige Antragstellerin wendet sich im Rahmen eines anhängigen Klageverfahrens (2 K 1595/24) vor dem FG Köln gegen die Festsetzung eines EU-Energiekrisenbeitrags (sog. Übergewinnsteuer). Sie forderte zudem beim Antragsgegner, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), bereits vor der Entscheidung über die Klage die Rückerstattung des bezahlten EU-Energiekrisenbeitrags. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des EU-Energiekrisenbeitragsgesetzes. Das BZSt lehnte den Antrag ab und verwies u.a. darauf, dass das Gesetz auf rechtlich bindendem europäischem Recht beruhe. Daraufhin begehrte die Antragstellerin auch vorläufigen Rechtsschutz durch das FG.

Diesen gewährte das FG. Die im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das BZSt hat gegen den Beschluss die vom FG zugelassene Beschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen II B 5/25 (AdV) beim BFH geführt wird.

Die Gründe:
Es ist schon aus europarechtlicher Sicht zweifelhaft, ob eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der EU-Verordnung zur Einführung des Energiekrisenbeitrags besteht. Diese Frage ist bereits Gegenstand eines vom belgischen Verfassungsgerichtshof gestellten Vorabentscheidungsersuchens beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) unter dem Aktenzeichen C-358/24. Darüber hinaus bestehen aber auch Zweifel, ob der Energiekrisenbeitrag mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist, insbesondere hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG.

Es kann offenbleiben, ob bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm zudem ein besonderes Aussetzungsinteresse vorliegen muss. Denn eine Gefährdung der Haushaltsführung des Bundes durch die vorläufige Rückerstattung des EU-Energiekrisenbeitrags ist nicht erkennbar. Den aus dem Energiekrisenbeitragsgesetz erwarteten Einnahmen von 1 bis 3 Milliarden Euro steht ein Gesamtsteueraufkommen von über 900 Milliarden Euro gegenüber, so dass das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung nicht überwiegt. Auch ist keine Sicherheitsleistung für die aufgrund der Gerichtsentscheidung vorläufig bewilligte Rückerstattung anzuordnen. Eine konkrete Existenzgefährdung der Antragstellerin konnte nicht festgestellt werden.

Zum rechtlichen Hintergrund:

Das mit dem Jahressteuergesetz 2022 (BGBl. I 2022, 2294, 2325 dort Art. 40) eingeführte deutsche EU-Energiekrisenbeitragsgesetz basiert auf einer EU-Verordnung (2022/1854 vom 06.10.2022), die vom Rat der Europäischen Union als Notfallmaßnahme und in Reaktion auf die hohen Energiepreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine erlassen wurde. Ziel der Verordnung ist es, Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich, die durch die Energiekrise unerwartet hohe Gewinne erzielt haben, zu einem befristeten Solidaritätsbeitrag heranzuziehen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Endkunden abzumildern.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.01.2025 10:56
Quelle: FG Köln PM vom 27.1.2025

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